Die falsche Größe – Sonntagsgedanken zum 15. September 2024

Auf die tiefgründige Frage „Ist das Glas halb voll oder halb leer?“, mit der man Optimisten und Pessimisten unterscheiden will, gibt es für mich nur eine sinnvolle Antwort: Es hat die falsche Größe.

Ist unser Leben halb voll, also schön, toll und einfach lebenswert, auch wenn nicht alles hundertprozentig ist. Aber die Probleme muss man eben akzeptieren und angehen? – Oder ist unser Leben halb leer, also eigentlich nur bestimmt von Ärger und Not, Problemen und Leiden, angesichts derer die gelegentliche Lebensfreude nicht ins Gewicht fällt? Beide Sichtweisen lassen sich erleben und scheinen Recht zu haben.

Aber ich denke, beide Sichtweisen sind falsch: Wer das Leben durch Leiden gleich ganz in Frage gestellt sieht, sollte all das Gute darin, die Liebe und die Kinder zum Beispiel, nicht so gering achten. Und wer die Lebensfreude mit dem Sinn des Lebens verwechselt, verdrängt die Ernsthaftigkeit menschlicher Not.

Beides hat letztlich die falsche Größe. Unser Leben lässt sich nicht als gesamtes messen, ob es erfolgreich oder gescheitert ist, sondern jeder Tag ist neu, jede Sekunde ist geschenkt. Heute sollen wir leben. Und Hoffnung haben, dass all das Gute und Gelingende, was wir noch nicht sehen, letztlich Wirklichkeit wird. Hier liegt die „Fülle“ und „Wonne“ des Lebens, wie es in Psalm 16 heißt.

Predigttext am Sonntag, 15. September 2024, ist Psalm 16.

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About mtreiber

Matthias Treiber ist Pfarrer und Journalist. Matthias Treiber is a minister in the Lutheran Church of Wuerttemberg and journalist.
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