Es war eine gute Idee, vor einigen Jahren die deutsche Rechtschreibung zu reformieren. Leider blieb dies ziemlich inkonsequent. Das überflüssige „ß“ hätte man locker endlich loswerden können, aber so plagen wir uns heute noch am Computer damit herum, und die weltweit einmalige Großschreibung von Substantiven hat man auch beibehalten. Deutsch soll wohl nach einer besonderen Dichter-und-Denker-Sprache aussehen.
Interessant ist auch die Geschichte der Schreibweise Prophet, aus dem zunächst, völlig logisch, ein Profet werden sollte, wie auch aus der Phantasie die Fantasie wurde. Dem Protest dagegen gab man aber bald nach. Eine Zeit lang waren beide Schreibweisen möglich, nun aber gibt es laut Duden den Mann Gottes nur noch mit „ph“, während die Fantasie ihre gebildet daherkommende Ph-Schwester als „alternative Schreibweise“ dulden muss, die allerdings nicht empfohlen wird.
Meine Empfehlung hätte aber auch im anderen Fall gelautet, auf die neue normale Schreibweise „Profet“ zu bestehen. Die Bibel schildert die Gottesmänner wie Amos oder Jesaja nämlich als ganz normale Menschen, die zwar einen besonderen Auftrag spüren, aber genauso fehlbar und schwach wie wir alle sind. Und umgekehrt kann jeder zum Profeten werden – wenn er zum Beispiel die Liebe Gottes verkündet, indem er sich gegen Nazi-Sprüche bei einer Feier wehrt, wenn sie trotz schlechter Schulnoten des Sohnes dabei bleibt, dass dies nicht das Wichtigste im Leben ist, wenn jemand Gutes sagt und tut, als sei es selbstverständlich, so selbstverständlich, wie aus dem ph ein f wurde.
Predigttext am Sonntag, 4. Juni 2023, ist Jesaja 6, 1-13.