
Hanns Dieter Hüsch lobt die Verlierer in seinem Gedicht „Selig sind die Zukurzgekommenen (Foto: wikicommons/Wittkowsky)
Man kann es kurz und knapp sagen: Jesus scheint offenbar die Verlierer selig zu preisen, die Opfer, die Versager, die Loser oder wie man sie heute sonst noch nennt. Dabei sind wir doch alle so darauf angewiesen, von anderen anerkannt zu werden. Man soll uns sympathisch finden oder zumindest bewundern. Und der Erfolg im Beruf, die Promotion der Kinder und das schöne Haus zeigen doch: Wir sind es wert, geliebt und geachtet zu werden. Wer will dem widersprechen? Es ist toll, wenn jemand etwas kann, wenn etwas gelingt, wenn etwas schön ist!
Nur: Von Gott werden eben die anderen geliebt und selig gesprochen, vielleicht, weil sie es besonders nötig haben. Weil sie auch etwas gelten und geachtet werden wollen.
Das müssen wir ernst nehmen: Schön, wenn es für die Studenten genügend Professoren gibt, aber ein Sozialarbeiter oder Psychologe in der Sonderschule wäre auch wichtig; nett, wie sich alle um die erfolgreiche Schauspielerin scharen, aber hat die Frau aus der betreuten Wohngruppe im Ort uns nicht vielleicht sogar Wichtigeres zu sagen? Und seien wir ehrlich: So toll sind wir nicht, dass wir nicht auch darauf angewiesen wären, dass andere uns mögen, obwohl wir so sind wie wir sind.
Der unvergessene Hanns Dieter Hüsch hat es auf den Punkt gebracht, als er sein Gedicht dazu schloss mit den Worten: „Ich sag immer: Selig sind die Zukurzgekommenen, denn sie tun einem nix!“
Predigttext am Reformationsfest bzw. am Sonntag, 1. November 2015 ist Matthäus-Evangelium Kapitel 5, Verse 2-12.
Pfarrer Treiber predigt jeden Sonntag um 10 Uhr in der Matthäuskirche Heilbronn-Sontheim.