Alltagsglaube #27 – Forever 60+

Den Sechzigjährigen, der seine Midlife-Krise damit beendet, dass er sich eine Harley-Davidson kauft, habe ich eher für einen Witz gehalten, bis mir vor ein paar Jahren in Utah tatsächlich zwei grauhaarige Herren in schwarzer Lederkluft begegnet sind, die aussahen, als seien sie gerade der Filmkomödie „Born to be wild“ entsprungen. Sie waren mir auf Anhieb sympathisch. Jedem, wie es ihm gefällt, und lieber Bike Fahren als zuhause nörgelnd herumzusitzen.

Wir Männer der Generation 60+ sind eine wichtige Zielgruppe für alles, was vor 40 Jahren nach Revolution aussah oder wenigstens Veränderung. Denn wir kaufen, was uns das Gefühl gibt, jung zu geblieben sein: Motorräder, Vinyl-Schallplatten und definitive CD-Gesamtausgaben mit unveröffentlichen Probeaufnahmen und was es sonst noch an Spezialitäten gibt, mit dem man jemanden etwas, was er schon hat, nochmals verkaufen kann.

Befremdlich finde ich das zuweilen. Und Rockattitüden á la „I can’t get no satisfaction“ von 75 jährigen auf der Bühne eher peinlich. Auch 60+ kann man doch Green Day und Arcade Fire hören. Spannend übrigens, dass deren Musik sich nicht einfach Rock nennt, sondern Alternative oder Indie-Rock; die 30jährigen wollen sich offenbar von uns 60jährigen abgrenzen. Es sei ihnen erlaubt.

Trotzdem finde ich es wichtig, nicht immer am Altbekannten zu hängen. Die Welt dreht sich weiter und wir mit ihr. „Wer seine Hand an den Pflug legt und zurückschaut, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes,“ sagte der 30jährige Jesus. Die Vergangenheit können wir nicht mehr ändern, aber unsere Zukunft. Alte Wunden zu lecken ist genauso wenig hilfreich wie alten Träumen nachzuweinen.

Obwohl: Einmal auf dem alten Highway 61 von New Orleans nach Wyoming, das wär’s gewesen! Aber gut: Bob Dylan wird ja sowieso niemals alt.

Über mtreiber

Matthias Treiber ist Pfarrer und Journalist. Matthias Treiber is a minister in the Lutheran Church of Wuerttemberg and journalist.
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