Wie schnell man doch vergisst! Bang hat man auf das Ergebnis beim Arzt gewartet, ängstlich an die Zukunft der Firma gedacht, sorgenvoll die Krise in der Partnerschaft erlitten. Und im Jahr darauf ist schon fast vergessen, dass der ärztliche Befund doch harmlos war, dass der Arbeitsplatz gesichert ist und dass man wieder viele glückliche Momente in der Ehe erlebt.
Dass wir das Gute als selbstverständlich nehmen, ist zunächst oft weniger das Problem, als dass wir die Momente der Bedrohung so schnell vergessen. Das sind ja häufig die Situationen, in denen wir merken, dass wir leben und dass wir ein gutes Leben haben wollen und bereit sind, darum zu ringen. Das sind die Situationen, in denen wir etwas lernen können; vor allem den Unterschied zwischen dem, was im Leben wichtig ist, und was nur so dazugehört oder nicht. Streit um Nachbars Apfelbaum lohnt nicht, Ringen um ein erfülltes Leben schon.
Um zu erkennen, was im eigenen Leben wichtig ist, gehört wohl auch das Bewusstsein, dass man das Glück in seinem Leben letztlich nicht selbst geschaffen hat, sondern geschenkt bekommt, als Leben, als Liebe und als Erfahrung.
Das könnte dieses Jahr der Erntedank sein: Im Herzen Gott Danke zu sagen für das Gute in unserem Leben – und unseren Liebsten zu danken für alle Liebe.
Predigttext am Erntedankfest, 4. Oktober 2015, ist Lukas 12, 15-21; in vielen Kirchen finden allerdings Familiengottesdienste zum Thema Danken statt.